Seit vielen Jahren prägt er das Bild von Buchhaltungsbüros: der im Jahr 1886 von Friedrich Soennecken erfundene Aktenordner. Die Notwendigkeit liegt auf der Hand, sind doch Belege wie Rechnungen mindestens zehn Jahre aufzubewahren. Die fortschreitende Digitalisierung verändert allerdings zunehmend auch Prozesse in der Buchhaltung.

Viele Rechnungen werden mittlerweile elektronisch versendet. Es reicht dann nicht aus, diese Belege auszudrucken und im Ordner aufzubewahren, vielmehr muss das Original, also der digitale Beleg (beispielsweise eine PDF-Rechnung), unveränderbar aufbewahrt werden. Dies setzt ein digitales, revisionssicheres  Belegarchiv und entsprechende Datensicherungsverfahren voraus. Kann ein Beleg beispielsweise im Rahmen einer späteren Betriebsprüfung durch das Finanzamt nicht vorgelegt werden, weil die Datei nicht mehr auffindbar ist, wird der Vorsteuerabzug verwehrt und gegebenenfalls die Betriebsausgabe nicht anerkannt werden. Digitale Belegarchive bieten sehr viele Vorteile: Das Durchforsten der Ordner entfällt bei der Suche nach Belegen, die Belege sind ortsunabhängig verfügbar und können mit externen Partnern wie beispielsweise dem Steuerberater einfach und schnell ausgetauscht werden.

Anforderungen an Ausgangsrechnungen

Rechnungen an Kunden werden überwiegend softwareunterstützt erstellt, in vielen Fällen direkt aus dem operativen Kernsystem des Betriebes, in dem auch die gesamte Auftragsabwicklung erfolgt (zum Beispiel TAIFUN Handwerk, Label, pds). Häufig werden die Rechnungen mehrfach gedruckt, in Ordnern abgelegt  und postalisch versendet. Viele Systeme bieten aber eine digitale Archivierung der Rechnungen, so dass keine weiteren Exemplare gedruckt werden müssen.

Daneben gibt es häufig Schnittstellen zu Buchhaltungsprogrammen, wie beispielsweise das von Steuerberatern oft eingesetzte DATEV Rechnungswesen. So können die Ausgangsrechnungen vollständig digital an den Steuerberater zur Erstellung der Finanzbuchhaltung gesendet werden und diese dort verarbeitet werden.

Der Versand der Rechnungen kann häufig auch digital, beispielsweise per E-Mail erfolgen. Große Unternehmen haben für ihre Lieferanten häufig digitale  Portale eingerichtet, um Rechnungen einzureichen (zum Beispiel SAP Ariba). Dies spart Zeit und Kosten (Porto, Briefpapier). Erbringt der Betrieb Arbeiten für  öffentliche Auftraggeber, so werden diese zunehmend Rechnungen als sogenannte „XRechnung“ anfordern. Dabei handelt es sich um ein standardisiertes, XML-basiertes digitales Rechnungsformat. Die XRechnung wird schrittweise verpflichtend: Bundesbehörden akzeptieren seit 2019 ausschließlich XRechnungen. Landes- und kommunale Behörden werden nach und nach umstellen. Betriebe mit öffentlichen Auftraggebern sollten sich daher rechtzeitig mit dem Thema auseinandersetzen.

Wo ist die Eingangsrechnung?

Eingangsrechnungen werden auf verschiedenen Wegen übersandt: klassisch auf dem Postweg, per E-Mail oder in Portalen bereitgestellt. Tools wie „getmyinvoice“ unterstützen dabei, den Überblick zu behalten und Eingangsrechnungen vollständig und geordnet abzulegen. Scanner zur Digitalisierung von Papierrechnungen gehören ohnehin in den meisten Betrieben zur Standardbüroausstattung.

Die Digitalisierung von Eingangsrechnungen bietet den Betrieben Vorteile. Unabhängig von dem Übertragungsweg der Rechnung kann die Verarbeitung in
einem einheitlichen Prozess erfolgen. Nach dem Scannen der Rechnung – falls die Rechnung nicht bereits elektronisch vorliegt – kann diese digital geprüft und
durch die verantwortlichen Mitarbeiter freigegeben werden. Die Buchhaltung kann anschließend die Zahlung anlegen und elektronisch ausführen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Unabhängig vom Ort der zuständigen Mitarbeiter (Baustelle, Homeoffice) können Rechnungen zeitnah verarbeitet werden. Rechnungsinformationen werden automatisch erkannt und müssen so nicht mehrfach erfasst werden (Warenwirtschaft, Buchhaltung, Banksoftware und so weiter). Und nicht zuletzt können die Rechnungen einfach und zeitnah an den Steuerberater übertragen werden.

Voraussetzungen für ersetzendes Scannen

Rechnungsoriginale müssen grundsätzlich aufbewahrt werden, auch wenn diese gescannt wurden. Nur unter bestimmten Voraussetzungen dürfen die (Papier-) Originale vernichtet werden und stattdessen die gescannten Versionen aufbewahrt werden (sogenanntes „ersetzendes Scannen“). Die Finanzverwaltung hat in den „Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie dem Datenzugriff (GoBD)“ zu den Voraussetzungen für das ersetzende Scannen Stellung genommen. Die Anforderungen sind hoch und es sollte genau geprüft werden, ob der Betrieb diese vollständig erfüllt.

Es muss beispielsweise sichergestellt sein, dass die digitalisierten Belege bei Lesbarmachung mit den empfangenen Rechnungen und Buchungsinformationen  bildlich und inhaltlich übereinstimmen. Sie müssen während der Dauer der Aufbewahrungsfrist verfügbar sein und jederzeit innerhalb einer angemessenen  Frist lesbar gemacht werden können. Informationen, die einmal in den digitalen Verarbeitungsprozess eingeführt wurden, dürfen nicht mehr unterdrückt oder  ohne Kenntlichmachung überschrieben, gelöscht, geändert oder verfälscht werden, so dass deren ursprünglicher Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Unternehmen müssen diese technischen und organisatorischen Voraussetzungen zudem in einer Verfahrensdokumentation festhalten und nachweisen.

Vorteile überwiegen

Die Arbeit mit digitalen Belegen beziehungsweise eine digitale Buchhaltung bieten den Unternehmen viele Vorteile. Zugleich wird so die Voraussetzung für eine  integrierte Digitalisierung betrieblicher Geschäftsprozesse geschaffen. Auch vor dem Hintergrund der aktuellen Corona-Pandemie zeigen sich Vorteile. Zum einen können persönliche Kontakte, beispielsweise zum Steuerbüro, reduziert werden. Zum anderen kann die Buchhaltung ortsunabhängig erfolgen und wird  nicht durch externe Umstände (zum Beispiel Quarantäne der Buchhaltungsmitarbeiter oder des Steuerberaters) beeinträchtigt. Denn gerade in unsicheren Zeiten benötigen die Betriebe verlässliche Finanzinformationen, wie beispielsweise für die Beantragung von Corona-Hilfen oder Krediten. Die notwendigen Investitionen für Scanner und Software sind verhältnismäßig gering.